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zu: "Deutsche Kriegsversehrte im 20. Jahrhundert"

Krankenakten des AK St. Georg

Krankenakten, welche in den Jahren 1946 bis 1955 im AK St. Georg in Hamburg angelegt wurden, gewähren Einblicke in die medizinische Versorgung Versehrter. Erhalten geblieben sind 65 Akten Kriegsversehrter, welche im Staatsarchiv der Hansestadt Hamburg einzusehen sind.StAHH, AK St. Georg, 352-8/2, Abl. 1993

Angesprochen werden diese Akten in dem Aufsatz Erwerbsminderungsrente und Erwerbstätigkeit. Aspekte der Kriegsversehrtenversorgung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (ISBN 978-3-86888-005-2). Im Folgenden wird hieraus zitiert und die Situation weiblicher Kriegsversehrter geschildert:

„Unter den 65 Kriegsversehrten, die im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg behandelt wurden, befanden sich auch zwei Frauen (StAHH, AK St. Georg, 352-8/2, Arbeitssignaturen 80, 183); beide waren verschüttet worden. Für diese Frauen sollte das Allgemeine Krankenhaus St. Georg ein Gutachten für den Versicherungsträger hinsichtlich des Grades ihrer Erwerbsminderung erstellen; die Kosten der Begutachtung trug das Versorgungsamt. Während die eine Frau im Alter von 28 Jahren verschüttet worden war, war die andere zum Zeitpunkt der Verschüttung fast doppelt so alt gewesen; nämlich ungefähr 53 Jahre. Beide Frauen waren verheiratet, wobei der Ehemann der jüngeren als ‚vermißt’ galt. Den Krankenakten ist zu entnehmen, dass die jüngere der beiden Frauen erstmals 1949 begutachtet wurde. Insgesamt vier Begutachtungsergebnisse liegen vor: Hatte die erste Begutachtung, 1949, ebenso wie die zweite, 1952, dazu geführt, daß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % festgestellt worden war, war der Prozentsatz der festgestellten Erwerbsminderung Anfang 1954 auf 30 % herabgesetzt worden. Gegen diesen Beschied hatte die Frau Berufung eingelegt. Die letztmals durchgeführte Begutachtung, Ende 1954, stellte wiederum eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % fest. Hatte die jüngere Frau ihre Versorgungsansprüche gegenüber dem Versicherungsträger durchsetzen müssen, ist den Akten zu entnehmen, daß die ältere Frau nur einmal begutachtet wurde, wobei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % festgestellt worden war. Angaben zum Beruf liegen allein für die jüngere Frau vor; diese hatte vor der Verwundung unter anderem als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft beziehungsweise in einer Zoologischen Handlung gearbeitet. Nach der Verwundung ist von einer kurzfristigen Arbeitsaufnahme die Rede. Unklar bleibt, wie nach der Verwundung der Lebensunterhalt gesichert wurde; ob beispielsweise nach der Begutachtung im Jahr 1949 ausschließlich die gewährte Rente hierzu diente. Die jüngere Frau war in Tübingen geboren worden, die ältere gab Hamburg als Geburtsort an. Wird ergänzt, daß die ältere Frau in Hamburg-Marienthal, einem eher gut situierten Wohnviertel, die jüngere in Hamburg-Barmbek wohnte, einem vergleichsweise weniger gut situierten Viertel, werden die unterschiedlichen Voraussetzungen deutlich, die beiden Frauen mitbrachten, um mit ihrem Schicksal, einer diagnostizierten Hirnschädigung, zurechtzukommen.“

 
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